Menüs der preußischen könig-kaiserlichen Familie
Historische Speisefolgen und Menüs
Eine Ausnahme von dieser Schlichtheit waren
im allgemeinen die Jagdmenükarten, die üppig
mit waidmännischen Motiven illustriert wurden,
wie diese vom Jagdschloss Letzlingen.
Kurioserweise tragen beide Karten ein später
historisches Datum: Den 17. Juni und den 9.
November, aber das nur am Rande.
Zum Mittag auf Schloß Letzlingen stand
Folgendes auf der königlichen MIttagstafel:
Linsensuppe
Steinbutten
Kalbsrücken mit Gemüse
Junge Enten, Früchte, Salat
Ananastörtchen
Butter und Käse
Nachtisch
Kaiser Wilhelm II. Küche galt immer als eher
bürgerlich, offenbar mochte er Ananas, sie ist
(ebenso wie Spargel auch außerhalb der Saison)
relativ häufig auf den Karten zu finden.
Für ein Jagdmenü ist das völlige Fehlen von
Wild und Pilzen eher ungewöhnlich.
Auch diese Karte ist vollkommen gewöhnlich,
wenn man mal vom wirklich hübschen
Jagdmotiv absieht.
Gab es vor der Jahrhundertwende noch Tafeln
mit zehn Gerichten (wie das untere, zweite
Jagdmenü), so nahmen die Gänge nach 1900
immer weiter ab. Lediglich zur Silberhochzeit
(siehe unten) wurden noch einmal zehn Gänge
(eigentlich neun) gereicht, sonst war man mit
sieben oder auch acht vollauf zufrieden, selbst
zu Feiertagen. Ausnahmen davon waren Gala-
Bewirtungen des Kaisers außerhalb seines
Hofes, z.B. auf Reisen.
Eine noch schlichtere Frühstückskarte als die obere
(diesmal mit Wappen). Am 17.11.1907 gab es:
Prinzessinnensuppe
Forellen
Lammcoteletten mit Gemüse
Schinkenauflauf mit Spargelspitzen
Schnepfen, Früchte, Salat
Mokkakuchen
Käsebrödchen [sic]
Nachtisch
Das Attribut “Prinzessin” bei der Suppe gibt
Aufschluss über folgende Zutaten: Spargel, Trüffel
und Champignonessenz. Da Spargel beim
Schinkenauflauf noch einmal dabei ist, kann man
davon ausgehen, daß es sich wohl “lediglich” um eine
getrüffelte Geflügelsuppe handelt, vermutlich
gebunden, da “Prinzessinnen”-Gerichte auch Sahne
enthalten.
Auch wenn sich die acht Gänge der jüngeren Karte
bescheiden ausnehmen, sollte man bedenken, daß es
sich um das Frühstück handelt. Allerdings ist im
Vergleich dazu die Karte des Jagdessens von 1899
noch schlichter und ähnelt stark den
Frühstücksmenüs: Letztlich sehen eigentlich alle
Menüs Wilhelm II. gleich aus. Lediglich die
Verwendung von Hummer, Kaviar und Trüffeln
unterscheidet Abendkarten vom Frühstück.
Menükarten des letzten Kaisers sind im Internet gut zu
finden, um sie vergleichen zu können.
Wenn man sich jedoch die Karte anläßlich Wilhelms II.
Hochzeit mit seiner zweiten Frau Hermine Reuß
Prinzessin zu Schönaich-Carolath ansieht, merkt man,
daß auch der ehemalige Monarch die üppigste Zeit
hinter sich hatte. Daß sich der letzte Kaiser allerdings
üben musste, ist angesichts der bekannten
Menükarten und seines Alters von 63 Jahren entweder
unwahre Polemik oder schlichte Unwissenheit des
Autors.
Links und unten: Wie bereits mehrmals erwähnt, wurde am
Hofe Kaiser Wilhelms II. die Menükarte in deutsch
geschrieben und nicht mehr in französisch. Auch waren
die “Alltagskarten” schlicht, lediglich das Wappen der
königlichen Familie zierte den oberen Rand (hier nicht im
Bild). Die Datumszeile der Frühstückskarte weist Potsdam
als Ort des Geschehens aus, denn Wilhelm II. residierte
die ersten Jahre im Marmorpalais.
Kraftbrühe mit Einlage
Trüffelpastetchen
Forellen mit Butter
Kalbsrücken und Hammelrippchen mit Gemüsen
Rehschnitten mit Morcheln
Metzer Hühner, Früchte, Salat
Frische Artischockenböden
Ananaskuchen
Käsestangen, Gefrornes [sic]
Nachtisch
Wilhelm II. und Auguste Viktoria im Kreise ihrer Kinder (sechs Söhne, eine
Tochter) und der beliebten Kronprinzessin Cecilie. Das Menü ist trotz des
feierlichen Anlasses wie immer schon auffallend schlicht.
Auch nicht besonders aufregend
ist das Essen zur Taufe des
Im siebenten Jahr ihrer Ehe
gebar Kronprinzessin Cecilie
ihren vierten und letzten Sohn
(sie sollte danach noch zwei
Mädchen das Leben schenken).
Da die Thronfolge sowieso
schon mehr als gesichert war,
ließ die kaiserliche Familie die
Taufe gewohnt bescheiden
angehen - auf der
unüblicherweise französischen
Menükarte sind nur fünf Gänge
vor Früchten und Dessert
augewiesen:
- Kraftbrühe nach Art des
Regenten (Rindsbrühe mit
Trüffeln?)
- Hummer Victoria
- Milchlammrücken
- Wachteln Souvaroff (mit Foie
Gras, Madeira und Trüffeln)
- Mandarineneis bzw. geeiste
Mandarinen
- Früchte
- Nachtisch
1887 konnten vier Generationen preußischer Königskinder das
Krönungsjubiläum begehen: Kaiser Wilhelm I., sein Sohn Kronprinz
Friedrich III., Enkelkind Wilhelm II. (und seine sechs noch lebenden
Geschwister) - Sohn und Enkelsohn sollten im Jahr darauf zum Kaiser
gekrönt werden (Drei-Kaiser-Jahr) - und bereits die ersten drei (von
insgesamt 21) Urenkel. Das Menü anlässlich dieses Jubiläums war üppig
und kostbar, es hatte auch ein paar ungewöhnliche Gänge. Die Karte ist
noch auf französisch, wie unter Wilhelm I. üblich. Man kam langsam davon
ab, pro Gang zwei Schüsseln (also Gerichte) zu reichen.
Indische Curry-Suppe
Steinbutt mit Krabbensauce
Rinderfilet am Spieß gebraten mit Gemüsen
Brühpoularde mit Sauce Bearnaise
Fasanenkeulen in Aspik 
Getrüffelte, gebratene Truthähne mit italienischem Salat
Spargel mit holländischer Sauce
Orientalische Creme (?) mit Mandarinen
Käse - Eis - Kompott
Dessert
“Koch der Kaiser und Kaiser der Köche”,
dieses Prädikat soll Wilhelm II. mit dem
angeblichen  Zitat “Ich bin der Kaiser
Deutschlands, aber Sie sind der Kaiser der
Köche” begründet haben.
Auguste Escoffier bewirtete den Kaiser auf
dem damals zweitgrößten Schiff der Welt.
Noch eine Jagdkarte mit demselben Motiv, diesmal vom
Jagdschloss Göhrde am 24.11.1893.
Eine Winzigkeit üppiger - vielleicht, weil es diesmal eine
Abendtafel zeigt - aber auch nicht wirklich überraschend ist das
Menü aus dieser noch länger vergangenen Jagdsaison. Allerdings
fehlen auch dort schon Wild und Pilze. Die sind sowieso extrem
selten vertreten: Morcheln, Champignons, Steinpilze - alles
hoffähig für eine königliche Tafel - findet man äußerst selten auf
den Menüs der kaiserlichen Familie (am häufigsten noch die
unvermeidlichen Trüffel). An der Verfügbarkeit scheint es nicht zu
liegen: Auf den anderen Karten sieht man Champignons im
Februar und Steinpilze im April.
Zu Abend speiste man also:
Austern
Pommersche Suppe (Gans, Kartoffeln, Rote Rüben und/oder Ente)
Gebratene Forellen
Pökel-Rinderbrust mit Teltower Rübchen (sehr ungewöhnlich!)
Warme Hummern, Früchte, Salat (ebenfalls ungewöhnlicher Gang)
Fasanen, Früchte, Salat
Frische grüne Spargelspitzen mit Trüffeln
Englische Apfelspeise
Käsestangen
Nachtisch
Teltower Rübchen sind durchaus tafelfein. Von gepökeltem Fleisch
- selbst Tafelspitz - kann man das allerdings nicht behaupten, es
ist überhaupt das erste Mal, daß ich gepökeltes Fleisch auf einem
herrschaftlichen Menü sehe. Wilhelms Bürgerlichkeit ging weiter
als gedacht.
Die obere Frühstückstafel ist von den hier gezeigten noch die
üppigste, fällt aber im Kanon der wilhelmzwoschen Menüs ganz
und gar nicht aus dem Rahmen. Auguste Victoria achtete streng
darauf, daß der Kaiser nur Lieblingsessen vorgesetzt bekam.