Menüs der preußischen könig-kaiserlichen Familie
Viele Menükarten geben Einblick in die Geschichte, indem sie
historische Momente markieren.
Der deutsche
Kaiser Wilhelm I.
verspeiste wohl
das nebenstehende
Mahl.
Möglicherweise war
auch Kaiserin
Augusta anwesend.
Praktischerweise waren die Menüs in Französisch und
Deutsch abgefasst.
Zu dem Zeitpunkt dieses Essens
waren Friedrich III. (Sohn Wilhelms I.)
und die schöne Prinzessin Victoria von
Sachsen-Coburg (Tochter der Queen
Victoria von England) bereits 19 Jahre
verheiratet, die beiden haben sich
tatsächlich geliebt.
Friedrich ist später als 99-Tage-Kaiser
in die Geschichte eingegangen, da er
drei Monate nach dem Tod seines
Vaters dem Kehlkopfkrebs erlag.
>Echte Schildkrötensuppe
>Perigord-Trüffel in der Serviette
>Pastetchen Richelieu (mit Austern
und Champignons)
>Steinbutt mit Sauce Hollandaise
>Rheinlachs mit Genfer Sauce
>Rinderfilet Gärtnerin Art (also mit
  jungem Gemüse)
>Getrüffelte Poularde
>Gänseleberpastetenschnittchen
>Hummer naturell
>Artischockenböden Italienische Art
>Spargel und Stangensellerie
>Schnepfendreck auf Toast, Salat
>Champagnergelee, Weißer türkischer
  Nougat, Ananascreme
>Butter und Käse
>Früchte und Naschwerk
Wilhelm II. sollte an seinem Hof
später die in deutsch verfasste
Menükarte einführen. Aber noch
war er nicht Kronprinz, denn sein
Vater lebte ja noch und bei seinem
Großvater Kaiser Wilhelm I. war die
Menükarte immer französisch.
Bei der Hochzeit des späteren
letzten deutschen Kaiserpaares
stand folgendes auf der Karte:
Schildkrötensuppe – Klare,
gebundene Consommé
Lachs und Steinbutt mit
Diplomatensauce (Krebssauce)
Tafelstück vom Rind geschmort –
Kalbsrücken mit Steinpilzen 
Rehfilet auf Reiche Art
(Champignon, Trüffel, Klößchen…)
– Haselhuhnpastetchen mit weißer
Sahnesauce
Salat mit Hummern umlegt –
Gänseleberpastete mit Gelee
Gebratene Poularden
Spargel mit Buttersauce –
Artischockenböden mit Rindermark
Charlotte aus Erdbeeren – Gelee
Mazedonischer Art (Eine
Obstsaftgalantine, ausgehöhlt, mit
frischen Früchten gefüllt und
gestürzt)
Käse, Kompott, Eis, Naschwerk
Kaiserin Auguste Victoria ist durch ihr
soziales Engagement heute noch überall
als Namensgeberin vieler Einrichtungen
bekannt.
„Kirchenjuste“, wie der Volksmund sie
nannte, unterstützte zahllose caritative
Institutionen.
Dabei reifte das intellektuell schlichte,
bürgerlich erzogene, ihren Mann
anbetende und jeder Politik abholde
Mädchen erst spät zur würdigen Kaiserin.
Trotzdem war sie beim Volk - im
Gegensatz zum Adel - relativ beliebt. Auch
ihre Kinder hingen sehr an ihr und trugen
Wilhelm seine überaus schnell nach ihrem
Tode erfolgte zweite Heirat lange nach.
Im Reich verkörperte sie die ideale Mutter,
für die es nur Kirche, Kinder, Küche gab.
Hinter dem Titel der Großherzogin von Baden verbirgt sich
niemand anderes als Luise von Preußen, die Tochter
Wilhelms I., Schwester Friedrichs III.
Damit war ihre einzige Tochter Marie das zweite Enkelkind
Wilhelms I., welches 1881 heiratete (nach Wilhelm II. im
Februar) und mehr als würdig, Königin von Schweden zu
werden.
Oben: Großherzog Friedrich I. von Baden und Luise Marie von
Preußen
Unten: Der Kronprinz von Schweden, später König Gustav V.
und Marie Victoria von Baden
Diese verwandtschaftliche Bindung zwischen Schweden und Deutschland ist bis heute ununterbrochen. Der aktuell
regierende schwedische König Karl Gustaf ist ein direkter Urenkel Gustav V. Damit ist seine Tochter, die prominente und
beliebte Kronprinzessin Victoria von Schweden eine lückenlos nachweisbare Ururururenkelin Wilhelms I.
Über Gustav V. schrieb sein Leibkoch später:
Historische Speisefolgen und Menüs
Das Berliner Schloß, Sitz der preußischen
Kaiserfamilie
Ob hier der Jahrestag der Kaiserproklamation (18.1.1871) oder der
Königsinthonisation gefeiert wurde?
Jedenfalls stand folgendes auf der Tafel:
Spargelcremesuppe - Consommé Gärtnerin
Lachs mit Hummersauce - Seezungenfilets mit Normannischer
Sauce (Champignon-Sahne)
Kalbsnuss auf Reiche Art - Rindfleisch Flämisch
Schweinskopf mit Gänsestopfleber - Geflügelmayonnaise mit Gelee
Gebratene Fasanen - Rehrücken
   Kresse, Salat
Artischocken mit Mark - Kleine Erbsen mit Blätterteigblüten
Kastanienpudding mit Früchten - Charlotte Russe mit vanillierter
Schokolade
Käse, Eis, Kompotte
Dessert
Trotz der großen zeitlichen Distanz ähneln sich alle Menüs
auffallend. Es wird wenig Trüffel verwendet, vielleicht mochte
Wilhelm keine.
Am 2. Januar 1861 bestieg Wilhelm I. als preußischer König den
Thron. Im Oktober krönte er sich in Königsberg selbst. Sieben
Jahre später gab es zur Feier der Inthronisation folgende
Speisen:
Püreesuppe mit Trüffeln - Geflügelsuppe Königlicher Art
Steinbutt in Hummersauce - Lachs mit Genoveser Sauce
Rinderfilet Flämisch (mit Biersauce) - Kalbsnuss auf Reiche Art
Krammetsvogelgalantinen - Gänsestopfleberpastete
Gebratene Poularden - Fasan auf Böhmische Art
    Kresse, Salat
Artischocken Milanesischer Art - Kleine Erbsen französische Art
Champagnergelee mit Ananas - Pariser Charlotte mit Maraschino
Käse, Eis, Dessert
Nach der entscheidenen Schlacht von Königgrätz und der Schlacht
von Blumenau wurde der Deutsche Bund mit dem Prager Frieden am
23.8.1866 aufgelöst. Preußen ging als Sieger aus dem Deutschen
Krieg hervor.
Danach konnten die Truppen aus dem Feld zurückkehren. Anläßlich
dieses Ereignisses (also der Rückkehr) gab es das folgende Menü:
Englische Schildkrötensuppe - Frühlingssuppe aus/mit Consommé
Steinbutt in Austernsauce - Lachs mit Genoveser Sauce (Wein-Ei)
Rindfleisch Gärtnerin Art - Kalbsnierenbraten Provenzial
Geflügelmayonnaise mit Gelee - Hummersalat Italienische Art
Fasanen auf persische Art gebraten - Poularde türkisch
       Salate, Kompotte
Kleine Erbsen französische Art - Blumenkohl mit Hollandaise
Bayrische Creme mit Baisers - Pariser Charlotte mit Maraschino
Käse, Eis
Dessert
Victoria wurde auch „Kaiserin
Friedrich“ genannt, weil sie es
so wünschte.
1861 wurde Wilhelm I. als Zweitgeborener des Königs Friedrich
Wilhelm III. und der bis heute als legendär schön und klug verehrten
Luise von Preußen (Luise von Mecklenburg-Strelitz) zum Preußischen
König gekrönt. Sein älterer Bruder Friedrich Wilhelm IV. übergab ihm
1858 aus gesundheitlichen Gründen die Regentschaft. Als er 1861
starb, wurde Wilhelm I. das neue Staatsoberhaupt. Die feierliche
Inthronisationszeremonie, bei welcher der König sich selbst krönte,
wurde mit dem folgenden Mahl beschlossen:
Gerstensuppe Prinzessinnen Art - Frühlingssuppe Königlicher Art
Steinbutt in Austernsauce - Lachs mit Genoveser Sauce
Rindfleisch Flämisch - Glasierter Schinken mit Madeirasauce
Poularde nach Toulouse - Pastete nach Talleyrand (Trüffelhuhn)
Hummer nach Ragration (?) - Gänsestopfleberpastete mit Aspik
Böhmische gebratene Fasanen, Römischer Punsch
Kleine Erbsen französische Art - Spargel mit Hollandaise
Pfirsiche nach der Maintenon (?) - Vanilleschaumpudding
Sultangelée mit Ananas - Pariser Charlotte (diese Charlotte ist heute
als Charlotte Russe bekannt!)
Verschiedenes Gefrorenes, Dessert
Wilhelm II. (Enkel Wilhelms I., Sohn
Friedrich III.) blieb vor allem als
Marinenarr und letzter deutscher Kaiser in
Erinnerung.
Zu seiner Zeit jedoch sagte man noch
anderes über ihn - so machte man sich
gerne über seine Uniformliebe und die
Angewohnheit, diese bis zu fünfmal am
Tag zu wechseln lustig: „Serenissimus, im
Badezimmer ist ein Rohr geplatzt. –
Bringen Sie die Admiralsuniform!“ (Aus
dem Simplicissimus). Außerdem brachte
ihn auch seine Reiselust in Verruf:
„Der Erste war der greise Kaiser, der
Zweite war der weise Kaiser und Wilhelm
ist der Reisekaiser.“ (Gibt es auch in der
Variante “Der Erste war der weise Kaiser,
der Zweite war der leise Kaiser, der Dritte
ist der Reisekaiser.”). Sogar vor der
Nationalhymne machten die Spötter nicht
halt: So wurde aus  “Heil Dir im
Siegerkranze” ein “Heil Dir im Sonderzug”.
Alle diese majestätischen Mahlzeiten ähneln sich sehr stark: Schildkrötensuppe, Steinbutt, Lachs, Rind. Wenn man dreimal
die Woche auf Galadinérs eingeladen war, bekam man praktisch ständig dasselbe zu essen.
Paul Arbin, Schwedischer Hofkoch, im
Vorwort seines Buches “Königliche
Gerichte”.