Das Kochbuch
Über das Bestimmen des Alters
Wenn man nicht das Glück hat, dass das Erscheinungsjahr im Buch angegeben ist, so gibt es doch verschiedene
Hinweise, die eine Bestimmung auf etwa fünf bis 10 Jahre genau möglich machen. Dazu sei gesagt, dass dies
Laienhinweise sind, die jeder ohne besondere Ausstattung finden kann.
Dazu müssen Sie das Buch allerdings lesen, von außen kann ein Buch besonders alt oder neu aussehen, egal von wann
es ist.
Manchmal stehen Widmungen im Buch, da es vielleicht ein Geschenk war. Allerdings können diese auch irreführen, so
haben wir eine Widmung von 1952 in einem Buch von 1910. Auch unter Vorworten stehen oft Jahreszahlen.
Als nächstes fällt natürlich das Schriftbild auf: Ist es Fraktur
oder Sütterlin oder sind es bereits lateinische Buchstaben?
Sollte es sich um ein Schweizer Kochbuch handeln, wurde
bereits nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr in Fraktur
gedruckt. Sütterlin wurde 1915 eingeführt. Im allgemeinen
war Fraktur bis 1942/43 üblich, allerdings sind die Schriften
auch von Geschmäckern geprägt (rechts das Beispiel der
Kochkunstbibliothek, diese wurde schon nach 1920 nicht mehr in Fraktur gedruckt). Nach 1941 war Fraktur im Dritten
Reich nicht mehr gern gesehen. Sütterlin war sogar verboten. Wie man aber gut in
der Rubrik 2. Weltkrieg ab 1941 sehen kann, konnte es nicht komplett durchgesetzt
werden. Außerdem kann es vorkommen, dass schon vor 1914 lateinisch gedruckt
wurde. Hier können Namenszüge, die per Hand eingetragen sind, helfen, wenn diese
denn in Sütterlin geschrieben wurden.
Auch die Rechtschreibung kann uns weiterhelfen, denn 1876 und 1901 gab es jeweils eine große Orthografische
Konferenz. Dort wurde vor allem das „h“ hinter dem „T“ entfernt und dafür ein „e“ hinter ein langes „i“ gesetzt. Wenn Sie
also Worte lesen wie „Zuthaten“, „thun“ oder „Muscatblüthe“, ebenso aber „illustrirtes“, „blanchirtes“, „tödten“, „Todt“
(bei Schlacht– und Fischkapiteln), Dragon (heute Estragon) und „giebt“ (gibt) so haben Sie mit 85 % Wahrscheinlichkeit
ein Buch von vor 1900 in der Hand. Es gibt allerdings Bücher, die sich nicht daran halten und die alte Rechtschreibung
noch nach 1876 bzw. 1901 beibehielten oder es handelt sich um identische Nachdrucke von früher erschienenden
Büchern (wie die Davithis-Bücher).
Nach dieser eher oberflächlichen Bestimmung gehen wir etwas
erfolgte nach 1871. Umrechnungstabellen resp. Kilogramm und
Gramm finden Sie erst danach. Vorher war die Einheit z.B. Loth
(Gewicht), Stof (Raum) und ein auf der Zahl zwölf beruhendes
Multiplikationssystem (Dutzend = 12, Schock = 60 usw.) oder
etwas ganz anderes (z.B. Kanne, Maaß, Faden), je nachdem,
woher das Buch kommt.
Ebenfalls nach 1870 trat die erste “Verdeutschungswelle” der Sprache ein (Tunke, Erdäpfel). Diese trug allerdings noch
nicht so schlimme Blüten wie die des Dritten Reichs.
Als nächstes sollte man sein Geschichtswissen über das beginnende Zwanzigste Jahrhundert etwas auffrischen: Auf den
Ersten Weltkrieg wird oft Bezug genommen, manchmal auch nur als „schwere Zeit“. Oft wird aber auch konstatiert, dass
man heutzutage nicht mehr so üppig lebe, wie vor „dem Großen Kriege“. Bei dieser Bezeichnung ist meist der Erste
gemeint, sonst wird Bezug genommen auf beide Kriege. Kolonien gab es nach 1918 nicht mehr.
Die Inflation von 1923 ist oft „heutige schwere Zeit“ oder „Zeit der Teuerung“, der man mit
besonders preiswerten Rezepten Rechnung trage.
Kriegskochbücher dagegen sind oft auf minderwertigem Papier gedruckt und unterscheiden
sich von Nachkriegsbüchern. Kriegskochbücher der ersten beiden Kriegsjahre bzw. der
beiden Vorkriegsjahre bieten oft Ersatzvorschläge für teure und importierte
„Kolonialwaren“, z.B. Kaffee und Kakao.
Völkisch wurde der Ton ab 1933. Abgesehen von (rasse-)hygienischen
Vorschriften wurde die Sprache eingedeutscht und der Verzicht auf ausländische
Produkte propagiert. “Weißrahm-Mehltunke” ist z.B. der eingedeutschte Name für
die Bechamel-Sauce, “Eier-Öl-Tunke” ist Mayonnaise. Auch üblich waren (je nach
Gegend) Worte wie “Beiguss”.
Elektrische Kühlschränke fanden ab etwa 1935 Erwähnung. Vorher war der
„Eisschrank“ üblich oder ein Keller.
Bilder waren vor 1870 unüblich und etwas besonderes. Echte Fotografien
(manchmal nachcoloriert) kamen ab ca. 1920 vermehrt auf und waren in den
1930ern schon weit verbreitet.